Die Umsetzung der EU-Verordnung 2024/1938 über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Verwendung beim Menschen bestimmte Substanzen menschlichen Ursprungs
Zusammenfassung
Durch die EU-Verordnung 2024/1938 über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Verwendung beim Menschen bestimmte Substanzen menschlichen Ursprungs soll der alte EU-Rechtsrahmen für Blut, Gewebe und Zellen abgelöst werden. Die neuen Regelungen entsprechen im Grundsatz dem deutschen Regelungssystem (Zulassung der Präparate, Erlaubniserteilung für bestimmte Tätigkeiten, behördliche Inspektionen). Dennoch sind auch Elemente vorgesehen, die in Deutschland neu implementiert werden müssen. Ziel im Rahmen des dreijährigen Umsetzungsprozesses wird es sein, die hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards in Deutschland zu erhalten, die Versorgungssicherheit weiter zu verbessern und die bürokratischen Belastungen möglichst gering zu halten.
The old EU legal framework for blood, tissue and cells is to be replaced by Regulation (EU) 2024/1938 on standards of quality and safety for substances of human origin intended for human application. The new provisions correspond in principle to the German regulatory system (authorisation of preparations, approval for certain activities, inspections). Nevertheless, it also includes new elements that need to be implemented in Germany. The aim of the three-year implementation process will be to maintain Germany’s high standards, to further improve the supply safety and to keep the bureaucratic burden as low as possible.
Die neue SoHO Verordnung – Was erwarten wir für das Blutspendewesen?
Zusammenfassung
Die 2023 verabschiedete Verordnung über Substances of Human Origin (SoHO) der Europäischen Union verfolgt das Ziel, einheitliche Standards für die Sicherheit, Qualität und Versorgung von SoHO zu etablieren. Durch die Verordnung sollen zukünftig innerhalb des EU Raums die Harmonisierung und der Austausch zwischen den Mitgliedsländern gefördert werden, Innovationen erleichtert werden, die Digitalisierung vorangetrieben werden sowie besser auf Krisen reagiert werden können. Obwohl die Verordnung daher wichtige Fortschritte bei der Rückverfolgbarkeit, dem Schutz von Spendern und der Minimierung von Gesundheitsrisiken erzielt, stößt sie auch auf Kritik. Das betrifft den erhöhten administrativen Aufwand, mögliche Parallelstrukturen zu bestehenden Systemen und strengere regulatorische Vorgaben.
The European Union's Regulation on Substances of Human Origin (SoHO), which will be adopted in 2023, aims to establish uniform standards for the safety, quality and supply of SoHO. The regulation is intended to promote harmonization and exchange between member states within the EU, facilitate innovation, promote digitalization and enable a better response to crises. Although the regulation therefore achieves important progress in terms of traceability, the protection of donors and the minimization of health risks, it has also been met with criticism. This concerns the increased administrative burden, possible parallel structures to existing systems and stricter regulatory requirements.
Evidenz-basierter Einsatz von Immunglobulinen
Zusammenfassung
Die Herstellung von Arzneimitteln wie intravenöse oder subkutane Immunglobuline (IVIg bzw. SCIg) aus gepooltem Humanplasma ist ein komplexer, streng regulierter Prozess, der neben Produktions- und Präparate-Qualität vor allem Sicherheit und Wirksamkeit garantieren muss. Eine stetig steigende Anzahl an gesicherten Indikationen für Substitutionstherapien primärer und sekundärer Antikörpermangel-Syndrome sowie immunmodulatorischen Indikationen bei diversen Autoimmunkrankheiten (z. B. ITP, CIDP, MG u. a.) haben den Bedarf an IVIg- und SCIg-Präparaten in den letzten 15 Jahren um ca. 8 % pro Jahr ansteigen lassen; auch für die nächsten Jahre ist kaum eine Nachfragesenkung zu erwarten. Um eine indikations- und zielgerechte Abgabe von IVIg und SCIg sicherzustellen, ist daher die Erstellung verbindlicher nationaler „Demand Management Pläne" (DMP) empfehlenswert.
The production of intravenous or subcutaneous immunoglobulins from pooled human plasma is a complex, strictly regulated process that must guarantee safety and efficacy in addition to the product quality. Increasing indications for immunoglobulin substitution therapies for primary and secondary antibody deficiency syndromes as well as immunomodulation for various autoimmune diseases (e. g. ITP, CIDP, MG, etc.) have led to a rising need for IVIg and SCIg preparations of around 8 % per year over the last 15 years. For the coming years, the demand for immunoglobulin products will continue to increase. To assure an indication justified use of IVIg and SCIg the implementation of national “Demand Management Plans” (DMP) is recommended.
Kälte(auto)antikörper – oder it’s cold inside
Zusammenfassung
Kälte(auto)antikörper sorgen selten für Begeisterungsstürme in der immunhämatologischen Diagnostik, da diese durch die Antikörper in unterschiedlichem Maße beeinflusst wird und teilweise auch so massiv gestört sein kann, dass die Bestimmung der Blutgruppen oder auch das Detektieren potenziell vorhandener Alloantikörper erschwert ist. Die dann erforderlichen Testansätze und die Ergebnisinterpretation sind meist herausfordernd. Dieser Artikel soll durch den Überblick über die verschiedenen Ausprägungen von Kälte(auto)antikörpern und das diagnostische Vorgehen im Labor im wahrsten Sinne ein bisschen Wärme in die immunhämatologische Diagnostik bringen.
Cold(auto)antibodies rarely cause storms of enthusiasm in immunohaematological diagnostics, as this is influenced to varying degrees and can sometimes be so massively disturbed that the determination of blood groups or the detection of potentially present alloantibodies is more difficult. The test approaches and the interpretation of results are usually challenging. This article is intended to bring a bit of warmth to immunohaematological diagnostics in the truest sense of the word by providing an overview of the different forms of cold(auto)antibodies and the diagnostic procedure in the laboratory.
Anti-G: eine diagnostische Herausforderung
Zusammenfassung
Das G-Antigen ist ein Teil des Rh-Systems, welches auf roten Blutkörperchen mit C- oder D-Antigenen exprimiert wird. Daher ist es entscheidend, es von Anti-D und Anti-C bei geburtshilflichen Patientinnen zu unterscheiden. Wir berichten über den Fall einer 36-jährigen Frau mit einem Anti-G-Alloantikörper, bei der das Vorhandensein von Anti-G und Anti-D mittels differenzieller Adsorptions- und Elutionstechniken bestätigt wurde. Die genaue Identifizierung dieser Antikörper ist entscheidend für die klinische Prognose und die Verabreichung der Rhesus-Prophylaxe, um eine hämolytische Krankheit des Fetus und Neugeborenen (HDFN) zu verhindern.
The G antigen is a member of the Rh-system expressed on red blood cells with C or D antigens, making it crucial to distinguish it from anti-D and anti-C in obstetric patients. We report a 36-year-old woman, in whom the presence of anti-G and anti-D was confirmed using differential adsorption and elution techniques. Accurate identification of these antibodies is vital for clinical prognosis and the administration of rhesus prophylaxis, thus preventing hemolytic disease of the fetus and newborn (HDFN).
Stärkung der Plasmasammlung in Europa: Das SUPPLY-Projekt
Zusammenfassung
Das SUPPLY-Projekt wurde zur Stärkung der Plasma-Spende in Europa ins Leben gerufen, um die Abhängigkeit von Nicht-EU-Importen zu reduzieren. Es wurde von der Europäischen Kommission im Rahmen von EU4Health gefördert und lief von 2022 bis 2024. Ziele waren u. a. die Verbesserung der Spenderrekrutierung, die Optimierung von Qualitätsstandards und die Krisenresilienz der Plasmaversorgung. Wichtige Ergebnisse umfassten Anreizanalysen für Spenden, Strategien zur Krisenbewältigung und Qualitätsmanagementmaßnahmen. Das Projekt leistete einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung der Plasma-Versorgung und zur strategischen Unabhängigkeit im Bereich plasmabasierter Arzneimittel in der EU.
The SUPPLY project aimed to strengthen plasma collection in Europe and reduce dependence on non-EU imports. Funded by the European Commission under EU4Health (2022–2024), it focused on improving donor recruitment, optimizing quality standards, and enhancing crisis resilience. Key outcomes included analyses of donation incentives, crisis response strategies, and quality management improvements. The project played a considerable role in securing Europe’s plasma supply and shaping future health regulations. By developing strategic recommendations and best practices, SUPPLY laid the foundation for a more sustainable and independent plasma collection system, ensuring better availability of plasma-derived medicines for patients in need.
Editorial
Versorgungsituation mit Blutkomponenten in Deutschland auf der Basis von Meldungen an das Paul-Ehrlich-Institut
Zusammenfassung
Um eine stabile Blutversorgung zu gewährleisten, ist eine einheitliche, bundesweite Dokumentation der Verfügbarkeit von Blutkomponenten erforderlich. Seit 2021 erfasst das Paul-Ehrlich-Institut zusammen mit kooperierenden Blutspendeeinrichtungen bundesweit die Versorgungslage mit Blutkomponenten und veröffentlicht diese wöchentlich auf seiner Internetseite als „Blutspende-Barometer“. Dadurch können drohende blutgruppenspezifische Unterversorgungen rechtzeitig erkannt und gegebenenfalls korrektive Maßnahmen eingeleitet werden. Auf der Basis der vorliegenden Angaben werden jedoch spezifische Daten der Blutspender (Alter, Geschlecht, Blutgruppe) wie auch der Empfänger von Erythrozytenkonzentraten unzureichend erfasst. Ein erweitertes Monitoring in Verbindung mit einer nationalen Versorgungsstrategie sollte daher angestrebt werden.
Uniform, nationwide documentation of the availability of blood components is necessary to ensure a stable blood supply. Since 2021, the Paul-EhrlichInstitut, in cooperation with blood establishments, has documented the blood component supply nationwide and publishes it weekly on its website as a "blood donation barometer". This allows impending blood group-specific shortages to be identified and corrective measures to be initiated if necessary. However, on the basis of the information available, data specific to blood donors and recipients of red blood cell concentrates (age, gender, blood group) are inadequately recorded. Extended monitoring in conjunction with a national supply strategy should therefore be pursued.
Graft-versus-Host-Erkrankung nach allogener Blutstammzelltransplantation: Standardmanagement und neue zelluläre Therapien
Zusammenfassung
Die Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) ist eine wesentliche Komplikation nach allogener hämatopoetischer Blutstammzelltransplantation. In den letzten Jahren kam es zur Zulassung von neuen Therapien, was sich in einer veränderten Behandlungslandschaft widerspiegelt. Aus transfusionsmedizinischer Sicht ist der vermehrte Einsatz von Zellulären Therapien besonders interessant, die sowohl bei der akuten GvHD als auch bei der chronischen GvHD in klinischen Studien getestet werden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über das aktuelle Standardmanagement der GvHD. Zusätzlich werden Neuerungen in der Entwicklung von Zelltherapien im Bereich der GvHD diskutiert.
Graft-versus-Host-Disease (GvHD) is a major complication after allogeneic hematopoietic stem cell transplantation. In recent years, new therapies have been approved, which is reflected in a changed treatment landscape. From a transfusion medicine perspective, the increased use of cellular therapies, which are being tested in clinical studies for both acute GvHD and chronic GvHD, is particularly interesting. This article provides an overview of the current standard management of the GvHD. In addition, innovations in the development of cell therapies in the field of GvHD are discussed.
Umgang bei der Versorgung von RhD-negativen Patienten mit RhD-positiven Erythrozytenkonzentraten
Zusammenfassung
Die Versorgung von RhD-negativen Patienten stellt eine zunehmende Herausforderung für nahezu alle transfundierenden Einrichtungen in Deutschland dar, verschärft durch den bundesweiten Rückgang der Spendezahlen um ca. 10 % gegenüber den Spendezahlen vor der Coronapandemie. In diesem Artikel wird sowohl auf die Risikoevaluierung einer Immunisierung gegen das RhD-Merkmal eingegangen, als auch auf die verschiedenen Versorgungsstrategien zum einen bei nicht vortypisierten Patienten in der Notfallversorgung, zum anderen bei RhD-negativen Patienten unter semielektivem oder chronischem Transfusionsbedarf. Ferner werden entsprechende Leitlinien in Bezug auf die Umstellungspraxis vorgestellt und verglichen.
The supply of RhD-negative patients with red blood cell units (RBCU) is an increasing challenge in almost all transfusion facilities in Germany, exacerbated by the nationwide decline in blood donations by approximately 10 % compared to pre-corona pandemic donation numbers. In this article we evaluate the risk of immunization against RhD and hemolytic disease of the newborn after supply with RhD-positive RBCU and the various strategies for patients with previously unknown blood group in emergency situations, as well as for RhD-negative patients in need for semi-elective or chronic transfusions. Furthermore, guidelines are presented and compared with regard to conversion practice.
Trends in der Blutstammzellspendersuche
Zusammenfassung
Die allogene Blutstammzelltransplantation ist eine kurative Behandlungsoption für eine Vielzahl von lebensbedrohlichen Erkrankungen des blutbildenden Systems. Durch die Verbesserung der Behandlungs- und Spendersuchtrategien sowie durch die Verfügbarkeit einer zunehmend großen Zahl an unverwandten Blutstammzellspendern weltweit hat sich diese Behandlungsform von einem experimentellen Verfahren zu einem klinischen Routineverfahren entwickelt. Die Entschlüsselung des menschlichen Genoms hat über technologischen Fortschritt hier in den letzten 20 Jahren zu erheblichem Wissenszuwachs geführt, der sich in der Weiterentwicklung der Spenderauswahlstrategien wiederspiegelt. In diesem Übersichtsartikel erläutern wir die Veränderungen und Entwicklungen in der Spendersuche für die unverwandte Blutstammzelltransplantation unter verschiedenen Gesichtspunkten.
Allogeneic hematopoietic stem cell transplantation is a curative treatment option for a variety of life-threatening diseases of the hematopoietic system. Through the improvement of treatment protocols and donor search strategies as well as the availability of increasingly large numbers of unrelated blood stem cell donors worldwide, this form of treatment has evolved into a clinical routine procedure. The decoding of the human genome has led to a significant increase in knowledge over the last 20 years, which promoted changes in donor typing and selection strategies over time. In this review article, we summarize and explain changes and developments in the search of donors for unrelated blood stem cell transplantation under various aspects.
Warum Pop-Up-Blutspende?
Innerbetriebliche Qualifizierungsmaßnahme zur Phlebotomie-Assistenz (m/w/d) beim DRK-Blutspendedienst West
Editorial
Erfassung und Meldung von Transfusionsreaktionen aus Sicht des Anwenders und des Blutspendedienstes – eine kritische Schnittstelle
Zusammenfassung
Die Gabe von Blutkomponenten, welche in Deutschland im Gegensatz zur Mehrheit der europäischen Länder als Arzneimittel eingestuft werden, ist selten mit dem Auftreten von Nebenwirkungen verbunden, die auch als unerwünschte Reaktion oder Transfusionsreaktion bezeichnet werden. Derartige Verdachtsfälle müssen stets entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gemeldet werden. Die Unterrichtungspflichten der behandelnden ärztlichen Person und der Einrichtung der Krankenversorgung sind in § 16 TFG geregelt, während die Meldepflichten des Blutspendedienstes als Zulassungsinhaber in § 63i AMG festgelegt sind. Der Verdacht einer unerwünschten Reaktion beim Patienten erfordert die Unterrichtung des Blutspendedienstes seitens des Anwenders, sofern es sich um den Verdacht einer schwerwiegenden unerwünschten Reaktion handelt, muss dieser zusätzlich dem Paul-EhrlichInstitut als zuständige Bundesoberbehörde angezeigt werden. Besteht der begründete Verdacht einer Infektionsübertragung durch Blutkomponenten, ist ein Rückverfolgungsverfahren gemäß § 19 TFG einzuleiten. Von der unerwünschten Reaktion abzugrenzen ist der (schwerwiegende) unerwünschte Zwischenfall in der Herstellung und Anwendung von Blutkomponenten, beide werden unter dem Oberbegriff (schwerwiegendes) unerwünschtes Ereignis geführt. Schwerwiegende Ereignisse (Reaktionen und Zwischenfälle) sind, neben der Unterrichtung des pharmazeutischen Unternehmers, innerhalb von 15 Tagen der Bundesoberbehörde zu melden. Um die Einhaltung der gesetzlichen Meldepflichten insbesondere an der Nahtstelle zwischen behandelnder Einrichtung und Blutspendedienst zu gewährleisten, ist eine enge und klar strukturierte Kooperation und die Definition eindeutiger Zuständigkeiten auf beiden Seiten von eminenter Wichtigkeit.
In Germany, in contrast to the majority of other European countries, blood components are legally considered to be pharmaceutical drugs. The administration of blood components may induce adverse effects, also known as adverse reactions or transfusion reactions. All adverse reactions, even if just suspected, must be reported according to the legal requirements. The notification obligation of the treating physician and the health care facility is regulated in § 16 TFG, while the reporting obligation of the blood transfusion service as the pharmaceutical entrepreneur is defined in § 63i AMG. When an adverse reaction is suspected, the blood transfusion service must be notified, the additional notification of the Senior Federal Authority (Paul Ehrlich institute) is necessary in case of a suspected serious adverse reaction. In accordance with § 19 TFG, a look-back procedure must be initiated to investigate the suspicion of a transfusion transmitted infection. (Serious) adverse reactions are to be distinguished from (serious) adverse events in the manufacturing and administration of blood components. Both, serious adverse events and reactions must be reported to the Paul Ehrlich Institute within 15 days, in addition to informing the pharmaceutical entrepreneur. In order to ensure the fulfillment of the legal reporting obligation, especially at the interface between the health care facility and the blood transfusion service, a close and clearly structured cooperation and the definition of clear responsibilities on both sides are of eminent importance.
Gesamtnovelle 2023 der Richtlinie Hämotherapie
Zusammenfassung
Im September 2023 erschien eine weitere Gesamtnovelle der Richtlinie Hämotherapie. Bemerkenswert ist das Spektrum der Änderungsgründe. Die Gesamtnovelle 2023 integriert eine Fortschreibung entsprechend der Entwicklung des Standes von Wissenschaft und Technik, berücksichtigt Stufenplanverfahren des Paul-Ehrlich-Institutes und passt die Richtlinie – unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Evidenz – auch an die neue Rechtslage an, welche sich durch die Änderung der §§ 4, 5, 7, 12 und 12a des Transfusionsgesetzes zum 16.05.2023 ergab. Die Änderungen in der Gesamtnovelle sind daher vielfältig und auch für die täglichen Abläufe in der Transfusionsmedizin sowie in der Anwendung von Blutpräparaten sehr relevant. In diesem Beitrag werden wesentliche Änderungen der Richtlinie Hämotherapie und deren Grundlage, insbesondere auch im Hinblick auf die neue Rechtslage, zusammengefasst und kommentiert.
In September 2023, a further overall amendment to the Haemotherapy Directive was published. The range of reasons for the amendments is noteworthy. The 2023 complete amendment integrates an update in line with the development of the state of the art in science and technology, takes into account the Paul Ehrlich Institute's step-by-step plan procedures and also adapts the guideline to the new legal situation resulting from the amendment of Sections 4, 5, 7, 12 and 12a of the Transfusion Act on May 16, 2023, taking into account the scientific evidence. The changes in the overall amendment are therefore manifold and also very relevant for daily processes in transfusion medicine and in the use of blood products. This article summarizes and comments on the main changes to the Haemotherapy Directive and their basis, particularly with regard to the new legal situation.
Wegfall der obligatorischen Quarantänelagerung von gefrorenem Frischplasma, lyophilisiertem Plasma und kryokonservierten Erythrozytenkonzentraten
Zusammenfassung
Am 17. Februar 2021 eröffnete das Paul-Ehrlich-Institut ein Stufenplanverfahren, um den Nutzen der Quarantänelagerung für langzeit-konservierbare Blutkomponenten zu überprüfen. Das Stufenplanverfahren endete am 05. März 2023 mit einem am 26. Juli 2023 im Bundesanzeiger veröffentlichten Bescheid1, der die Nutzung von langzeit-konservierbaren Blutkomponenten unter bestimmten Auflagen auch ohne Quarantänelagerung ermöglicht („Anordnung zur Etablierung eines neuen Sicherheitsstandards von Blutkomponenten durch die Festlegung aktualisierter Nachweisgrenzen für den Fall, dass die bisher vorgeschriebene Quarantänelagerung von gefrorenem Frischplasma, lyophilisiertem Plasma und kryokonserviertem Erythrozytenkonzentrat entfallen soll“). In dieser Übersicht werden die Gründe für die Einführung der Quarantänelagerung und die Argumente für die Abschaffung der obligatorischen Quarantänelagerung langzeit-konservierbarer Blutkomponenten dargestellt. Zugleich wird auf erwartbare Konsequenzen des Bescheids in der Praxis eingegangen.
On February 17, 2021, the Paul-Ehrlich-Institut opened a step-by-step plan procedure to review the benefits of quarantine storage for long-term preservable blood components. The phased plan procedure ended on 5 March 2023 with a decision1 published in the Federal Gazette on 26 July 2023, which allows the use of long-term preservable blood components without quarantine storage under certain conditions ("Order to establish a new safety standard for blood components by setting updated detection limits in the event that the previously prescribed quarantine storage of frozen fresh plasma, lyophilized plasma and cryopreserved erythrocyte concentrate is to be omitted"). This overview presents the reasons for the introduction of quarantine storage and the arguments for the abolition of mandatory quarantine storage of long-term preservable blood components. At the same time, the expected consequences of the decision in practice are discussed.
CAR-T-Zelltherapie bei diffusem großzelligen B-Zell-Lymphom: eine bahnbrechende Behandlungsoption
Zusammenfassung
Diffus großzellige B-Zelllymphome sind die häufigsten Non-Hodgkin-Lymphome in Europa und den USA. Für einen Großteil der Patienten gibt es mit der etablierten Chemo-Immuntherapie eine sehr wirksame Therapieoption. Die Situation ändert sich jedoch dramatisch im Rezidiv oder bei refraktärer Erkrankung (r/r DLBCL), wo konventionelle Chemo-Immuntherapie nur für einen Bruchteil der Patienten eine Kuration ermöglicht. Vor diesem Hintergrund wurde die Therapie mit mittels Anti-CD19-chimärem Antigen-Rezeptor modifizierten T-Zellen (CAR-T-Zellen) entwickelt und bei r/r DLBCL erprobt. Die bislang miserablen Ansprechraten bei r/r DLBCL konnten eindrücklich verbessert werden. Hier, fassen wir die aktuellsten Entwicklungen der CART-Zell-Therapierevolution beim DLBCL zusammen und veranschaulichen wie sich Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil der CAR-T-Zelltherapie in den letzten Jahren verbessert haben.
Diffuse large B-cell lymphomas are the most common non-Hodgkin lymphomas in Europe and the USA. For the majority of patients, established chemoimmunotherapy is a very effective treatment option. However, the situation changes dramatically in relapsed or refractory disease (r/r DLBCL), where conventional chemo-immunotherapy can only cure a fraction of patients. Against this background therapy with anti-CD19 chimeric antigen receptormodified T cells (CAR-T cells) was developed and trialled in r/r DLBCL. The previously miserable response rates in r/r DLBCL have been impressively improved. Here, we summarise the latest developments in CAR-T cell therapy evolution in DLBCL and illustrate how the safety and efficacy profile of CAR-T cell therapy have evolved in recent years.
Extrakorporale Photopherese – Prinzipien und klinische Anwendungen
Zusammenfassung
Die Extrakorporale Photopherese (ECP) hat in den letzten Jahrzehnten einen festen Platz in der Behandlung von T-Zell-assoziierten Erkrankungen eingenommen. Das Konzept der ECP basiert auf der intravenösen Gabe von autologen, mittels Apherese gesammelten, Leukozyten, die ex vivo mit einer Kombination von 8-Methoxypsoralen und UV-A-Bestrahlung behandelt wurden. Diese Therapie hat sich als klinisch wirksam und sicher erwiesen, allerdings besteht noch Forschungsbedarf bezüglich genauer Wirkmechanismen, aussagekräftiger Qualitätskontrollparameter und Biomarkern, die Therapieansprechen zuverlässig vorhersagen und überwachen.
In the past decades extracorporeal photopheresis (ECP) has been implemented in treatment strategies of T-cell-associated diseases. The concept involves the reinfusion of autologous leukocytes being collected with apheresis and treated ex vivo with the combination of 8-Methoxypsoralen and UV-A irradiation. ECP therapy has been proven clinically efficacious and safe. Yet, there is still need for research to elucidate all relevant mechanisms of action, to define meaningful quality control parameters and to identify reliable biomarkers that predict and monitor therapy response.
Ergänzung zu dem Artikel „Massivtransfusion – ein Update“
Editorial
Seltene Blutgruppen – Versorgung mit frischen und / oder kryokonservierten Erythrozytenkonzentraten in Deutschland – Ein Situationsbericht
Zusammenfassung
Die in den zurückliegenden Jahren und auch aktuell wieder zunehmende Migration von Menschen aus anderen Teilen der Welt nach Deutschland bringt nicht nur gesellschaftliche, sondern auch besondere medizinische Herausforderungen mit sich. Mit der Zuwanderung steigt die Anzahl von Patientinnen und Patienten mit Hämoglobinopathien wie der Sichelzellanämie, die wiederum wegen der oftmals häufig notwendigen Transfusionen besondere Aufmerksamkeit mit Blick auf die Immunisierung gegen erythrozytäre Antigene benötigen. Die besondere Problematik mit Blick auf die immunhämatologischen Fragestellungen wurde von Herrn PD Dr. med. Franz F. Wagner schon vor einigen Jahren in dieser Zeitschrift behandelt1. Zwar haben die meisten großen Blutspendedienste in Deutschland mittlerweile Screening-Programme für Spender mit sehr seltenen Blutgruppenmerkmalen aufgelegt2,3. Da es jedoch weiter schwierig bleibt, Menschen aus den betroffenen Personengruppen langfristig zur Blutspende zu bewegen, bleibt es vorläufig unumgänglich, für besondere Blutgruppenmerkmale negative Erythrozytenkonzentrate (EK) zu kryokonservieren, um solche Blutkomponenten im Ernstfall kurzfristig bereitstellen zu können. Dieser Beitrag beschreibt die gegenwärtige Versorgungsinfrastruktur in Deutschland und beleuchtet die besonderen logistischen Herausforderungen mit Blick auf die Bereitstellung besonders seltener kryokonservierter Erythrozytenkonzentrate.
The increasing migration of people from other parts of the world to Germany in recent years and also currently not only entails social, but also special medical challenges. With immigration, the number of patients with hemoglobinopathies such as sickle cell anemia is increasing, who in turn require special attention with regard to immunization against erythrocyte antigens due to often frequent transfusions. The special problem with regard to the immuno-hematological questions was addressed by Franz F. Wagner, MD, in this journal a few years ago1. Most of the major blood donation services in Germany recently have launched screening programs detecting donors with particularly rare blood group characteristics2,3. However, since it remains difficult to get people from the affected groups to donate in the long term, it remains unavoidable to cryopreserve packed red blood cells (RBC) negative for special blood group characteristics in order to be able to provide such blood components in case of any emergent need. This article describes the current supply infrastructure in Germany and highlights the special logistical challenges with a view to supply of particularly rare cryopreserved red cell concentrates.
Serologische Untersuchung von Blutspenden auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 (SeBluCo- Studie) – Blutspendedienste unterstützen die Pandemieüberwachung
Zusammenfassung
Blutspendeproben können die SARS-CoV-2-Serosurveillance unterstützen, um Maßnahmen zur Infektionskontrolle anzupassen. In einer wiederholten Querschnittsstudie von April 2020 bis April 2021, September 2021 und April/Mai 2022 wurden aus 13 Blutspendeeinrichtungen 134.510 Proben in 28 Regionen auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 getestet. Die Seroprävalenz lag bis Dezember 2020 unter 2 % und stieg im April 2021 auf 18,1 %, im September 2021 auf 89,4 % und im April/Mai 2022 auf 100 %. Die Untererfassung lag in den ersten beiden Wellen der Pandemie zwischen 5,1 und 1,1 und blieb danach unter 2, was auf eine angemessene Teststrategie und ein funktionierendes Meldesystem in Deutschland hinweist.
Blood donor samples can support SARS-CoV-2 serosurveillance to adapt infection control measures. In a repeated cross-sectional study 134,510 specimens from 13 blood establishments in 28 study regions were tested for antibodies against SARS-CoV-2 from April 2020 to April 2021, September 2021, and April/May 2022. The SARS-CoV-2 seroprevalence remained below 2 % until December 2020 and increased to 18.1 % in April 2021, 89.4 % in September 2021, and to 100 % in April/May 2022. Underreporting ranged between 5.1 and 1.1 in the first two waves of the pandemic and remained below 2 afterwards, indicating an adequate test strategy and notification system in Germany.
Herstellung und Anwendung antiviraler T-Zellen von verwandten und unverwandten Third-Party-Spendern zur Behandlung viraler Komplikationen in immungeschwächten Patienten und Prävention schwerer Verläufe bei künftigen Pandemien
Zusammenfassung
Infektionen oder Reaktivierungen durch persistierende und lytische Viren stellen in immungeschwächten Patienten schwerwiegende Komplikationen dar. Der adoptive Transfer virusspezifischer T-Zellen eines geeigneten Spenders ist eine wirksame Strategie zur raschen Wiederherstellung der antiviralen T-Zell-vermittelten Immunität im Empfänger, die wenig toxisch ist und kein erhöhtes Risiko der Entwicklung einer Graft-versus-Host Erkrankung birgt. Die Coronavirus-Pandemie 2019, ausgelöst durch SARS-CoV-2-Infektionen (engl. Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-Type-2), zeigte ebenfalls, dass der Einsatz virusspezifischer T-Zellen von rekonvaleszenten Spendern schwere Verläufe verhindern kann. Die Entwicklung und Implementierung von Third-Party-Spenderregistern (engl. Third-Party Donor, TPD) und Zellbanken ermöglichen eine Identifizierung potenzieller Human-Leukozyten-Antigen (HLA) (teil-)passender Spender und die schnelle Bereitstellung virusspezifischer T-Zellen zur klinischen Anwendung.
Infections or reactivations due to persistent and lytic viruses present serious complications in immunocompromised patients. Adoptive transfer of virusspecific T cells (VSTs) from a suitable donor is an effective strategy to rapidly restore antiviral T cell immunity in the recipient without toxicity or increased risk of developing Graft-versus-Host Disease. The 2019 coronavirus pandemic, caused by severe-acute-respiratory-syndrome-coronavirus-type-2 (SARS-CoV-2) infections, also demonstrated that VSTs from convalescent donors can prevent severe disease courses. Development and implementation of third-party donor (TPD) registries and cell banks enable rapid identification of potential donors and the provision of (partially) human leukocyte antigen (HLA)-matched VSTs for clinical application.