Wer spendet das Blut, das wir transfundieren?
Zusammenfassung
In allen europäischen Staaten stehen die Blutspendedienste vor der Herausforderung, ausreichend Blutspender zu rekrutieren. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die gesammelten Spenden in den europäischen Staaten und über soziodemografische Merkmale der Spender. Hierzu werden Daten einer Verbrauchserhebung und der Eurobarometer-Befragungen vorgestellt. Es lassen sich deutliche Unterschiede in den gesammelten Spenden und in der Spendefrequenz in den europäischen Staaten erkennen. In Deutschland werden vergleichsweise viele Spenden gesammelt, wobei die Spender relativ häufig pro Jahr spenden. Wie auch in anderen europäischen Staaten finden sich in Deutschland besonders viele Spender unter verheirateten Männern mit höherem Bildungsabschluss, die aus dem ländlichen Raum stammen.
Donor recruitment is a major challenge for blood establishments all over Europe. This report shows the number of whole blood collections and the average donations per donor in Europe. Furthermore, socio-demographic characteristics of blood donors are described based on the EurobarometerSurvey. The results show clear differences in the annual number of whole blood collections and the average donation per donor. In Germany, the number of collected whole blood donations per 1 000 inhabitants was the highest in all participating countries. Whole blood donors are likely to be male, highly educated, married and from rural areas.
Die DRK-Blutspendedienste suchen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
12th International Donor Registry Conference
15 Jahre hämotherapie
Editorial
Die Rolle der Blutgruppen bei der Versorgungssicherung mit Blutkonserven
Zusammenfassung
Engpässe in der Versorgung der Krankenhäuser mit Erythrozytenkonzentraten (EK) der Blutgruppe 0 RhD negativ treten immer wieder auf. Die Autoren diskutieren Ursachen und mögliche Lösungsvorschläge, um der Verknappung dieser EK vorzubeugen. Neben den Blutspendediensten können auch die Krankenhäuser durch vorbeugendes Management dazu beitragen, dass die für die Notfallbehandlung wichtigen EK der Blutgruppe 0 in ausreichender Menge vorhanden sind und der Verfall an EK der Blutgruppen B und AB reduziert wird. Eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen transfundierenden Ärzten, Mitarbeitern der Blutdepots und des versorgenden Blutspendedienstes führt zu einer konsequenten Umsetzung der Richtlinie Hämotherapie und dem verantwortungsvollen Einsatz der wertvollen Ressource Blut.
In Germany shortages in the blood supply of hospitals occur repeatedly, especially for the packed red blood cell concentrates (RBC) of blood group 0 RhD negative. The authors discuss potential reasons and ways to solve this problem. Both, the blood transfusion services and hospitals, are able to help saving these important resources for emergency hemotherapy and to reduce the waste of RBC blood group B and AB by prophylactic measures and preventive management. A close collaboration between medical doctors, colleagues in charge of the blood banks and the supplying blood transfusion service result in a successful implementation of the applicable guidelines and a responsible use of the valuable resource blood.
Die maschinelle Autotransfusion
Zusammenfassung
Die maschinelle Autotransfusion – das Auffangen, Waschen und Retransfundieren von Wundblut – ist eine effektive Maßnahme, um den Fremdblutbedarf bei größeren Blutverlusten von > 500ml zu reduzieren. Dadurch müssen weniger Patienten den potentiellen Risiken einer Fremdbluttransfusion ausgesetzt werden, was der Patientensicherheit zugutekommt. Bei Patienten mit komplexen Antikörpern oder seltener Blutgruppe, aber auch bei solchen, die allogene Blutprodukte kategorisch, etwa aus religiösen Gründen, ablehnen, sollte die maschinelle Autotransfusion (MAT) immer als eine bluterhaltende Maßnahme Anwendung finden. Vor der Retransfusion müssen Kontraindikationen wie bakterielle oder infektiöse Kontaminationen sicher ausgeschlossen werden. Bei Eingriffen in der Herz- und Gefäßchirurgie sowie in der Orthopädie findet die MAT bereits regelhaft Anwendung. Auch in der Tumorchirurgie und der Geburtshilfe wird nach zusätzlicher Vorbehandlung des Wundblutes bereits teilweise mit autologem Blut gearbeitet, wobei der Einsatz in diesen Fachbereichen noch Gegenstand aktueller wissenschaftlicher Diskussionen ist.
Cell salvage – collecting, washing and re-transfusing blood lost during surgery – is an effective tool to minimize the need for allogenic red blood cells in the setting of blood loss. Thereby, the number of patients exposed to potential risks of allogenic blood transfusions is reduced and patient safety is increased. For patients presenting with complex antibodies or rare blood types, or for those who refuse transfusion of allogenic RBC for religious beliefs, cell salvage represents an important blood conserving method. Before re-transfusing of salvaged blood, contraindications such as bacterial or infectious contaminations must be excluded. Cell salvaging is commonly used during cardiac and vascular surgery as well as in orthopaedics, whereas its application (with additional cleaning steps) in obstetrics and cancer surgery has been tested but is still discussed by the scientific community.
„Entdecke die Möglichkeiten“ Dauer der Antikoagulation nach venöser Thromboembolie
Zusammenfassung
Die Entscheidungsfindung über die Dauer einer Antikoagulation nach einer ersten, spontanen venösen Thromboembolie (VTE) ist eine der schwierigsten Aufgaben in der Praxis. Grundsätzlich muss das VTE-Rezidivrisiko gegen das Blutungsrisiko des Patienten abgewogen werden. Dies sollte idealerweise ca. 3–6 Monate nach der VTE erfolgen. Während früher eher kategorisierte Empfehlungen gegeben wurden, steht heute ein patientenfokussiertes, individuelles Vorgehen im Mittelpunkt, das auch der Patientenpräferenz einen großen Stellenwert einräumt. Grundlage für die Entscheidungsfindung ist eine gründliche Anamnese, bei der neben Prädiktoren für ein erhöhtes Blutungs- oder Thromboserisiko detailliert auch nach früheren Auslösern, die im Zeitraum von 4–8 Wochen vor der VTE bestanden haben, oder weiteren präsenten VTE-Triggern gefragt werden sollte. Zudem sind weitere Parameter wie beispielsweise D-Dimer-Konzentration nach Ende der Antikoagulation, hereditäre oder erworbene Thrombophilien, Größe und Präsenz eines Residualthrombus bzw. die initiale Thrombuslokalisation und -ausbreitung zu beurteilen. Obwohl die aktuellen Deutschen Leitlinien grundsätzlich keinen Unterschied zwischen einer isolierten Beinvenenthrombose und einer Lungenembolie machen, kann gerade die klinische Schwere des Krankheitsbildes hinsichtlich der Entscheidung für oder gegen eine weitere Antikoagulation eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen. Die Verfügbarkeit der neuen, direkten oder nicht-Vitamin K-abhängigen Antikoagulanzien mit einem gegenüber den Vitamin K-Antagonisten besseren Risikoprofil durch ein insgesamt geringeres Blutungsrisiko hat aktuell ebenfalls eine zunehmende Bedeutung in der Entscheidungsfindung. Vor diesem Hintergrund ist das Spektrum der Antikoagulationstherapie nach VTE deutlich vielschichtiger geworden und verlangt vom beratenden Arzt, neben Zeit für eine ausführliche Beratungsleistung, ein umfangreiches und aktuelles Wissen. Die Neubewertung einer Therapieempfehlung in regelmäßigen Abständen ist zudem empfehlenswert, da sich neben neuen medizinischen Erkenntnissen auch der Gesundheitszustand des Patienten und somit das individuelle Thrombose- oder Blutungsrisiko verändern kann.
The decision-making of the duration of anticoagulation therapy after the first and unprovoked venous thromboembolism (VTE) is one of the most difficult tasks in daily practice. Basically, the recurrence risk of the VTE has to be balanced against patient´s bleeding risk. This should be done approximately three to six months after the VTE. Whereas former recommendations had been more categorized, an individual approach focused on the patient and his preference is nowadays preferred. The decision should be mainly based on a profound history taking which should concentrate on predictors of patient´s bleeding and thrombotic risks as well as on possible triggers that had been present within four to eight weeks prior to clinical manifestation of VTE or that might be still present. Furthermore, parameters such as concentration of ddimers after termination of anticoagulation, hereditary or acquired thrombophilia, size and presence of a residual thrombus or localization and expansion of the initial thrombus have to be evaluated. Although the current German guidelines do not differentiate between an isolated deep vein thrombosis and pulmonary embolism, the clinical impact of the disease may play a major role in the decision pro or contra an unlimited anticoagulation. Additionally, the availability of the new, direct or non-vitamin K-dependent anticoagulants with an improved risk profile due to an overall decreased bleeding risk has an increasing relevance in this decision making process. Therefore, there are nowadays more options for anticoagulation therapy after VTE. Beside an adequate amount of time for giving a detailed advice to the patient, the consulted physician needs a substantial and updated knowledge in this field. Reevaluation of the recommended therapy should be performed regularly due to new findings in medical science and changes in the health status of the patient with possible impact on his thrombotic and bleeding risk.
Checkliste für die Transfusion von Blutkomponenten
Zusammenfassung
Verantwortlich für die Durchführung von Transfusionen von Blutkomponenten ist primär der Arzt, jedoch können einige vorbereitende Tätigkeiten an medizinisches Fachpersonal delegiert werden. Insofern kann eine Bluttransfusion ein teamorientierter Prozess sein, bei dem allerdings eindeutig geregelt sein muss, welche Berufsgruppe, Arzt oder medizinisches Fachpersonal, welche Aufgaben nach den gesetzlichen Vorgaben übernehmen darf. Es wird eine Checkliste vorgestellt, die einerseits strukturiert die chronologischen Abläufe einer Transfusion darstellt und zum anderen auf einen Blick die Aufgaben des medizinischen Fachpersonals bzw. die originären Verantwortungsbereiche des Arztes erkennen lässt. Insbesondere für Abteilungen, in denen selten transfundiert wird, könnte diese Checkliste helfen, Fehler zu vermeiden und die Sicherheit einer Transfusion für Patienten zu erhöhen.
Primarily it is the physician, who is responsible for performing the transfusion of blood components. Certain preparatory tasks however may be delegated to clinical staff. This means that a blood transfusion can be seen as a team-oriented process, in which it must be clearly defined though which tasks may be carried out by which professional group, physician or clinical staff, according to legal regulations. A check list is being presented that structurally outlines the chronological tasks in a blood transfusion on the one hand, and depicts the tasks of the clinical staff as well as the area of responsibility of the physician on the other. The check list may help particularly such departments that only infrequently perform blood transfusions, in order to prevent clinical errors and to increase the safety of patients in the transfusion.
Massivtransfusion – logistische und therapeutische Aspekte
Zusammenfassung
Eine Massivtransfusion ist für viele Krankenhäuser kein alltägliches, aber dennoch in unterschiedlicher Häufigkeit immer wieder auftretendes Problem. Für die klinische Definition ist ein persistierender Transfusionsbedarf innerhalb eines eng begrenzten Zeitraumes, die hämodynamische Instabilität und eine problematische Blutungslokalisation bedeutsam. Therapeutisches Ziel ist der schnellstmögliche Stopp der Blutung mit der grob orientierenden Zielgröße eines tastbaren Radialispulses. Ätiologisch sind eine Koagulopathie (Störung des Organsystems Gerinnung) von einer traumatischen Blutung durch Gewebezerstörung zu unterscheiden; Mischformen sind jedoch häufig. Standardlaborparameter werden weltweit zur Diagnostik benutzt, auch wenn sie nur bedingt aussagekräftig sind. Effektiver und schneller ist die bettseitige Nutzung von sog. viskoelastischen Tests in Kombination mit einer Thrombozytenfunktionsdiagnostik. Jedes Krankenhaus soll ein spezifisches, eskalierendes Massivtransfusions- und Gerinnungsprotokoll mit vordefinierten Interventionstriggern haben. Bei jeder Massivblutung sollte die Anwendung der Prinzipien der „damage control resuscitation“ erwogen werden. Während der anhaltenden Blutung sollte das Konzept der permissiven Hypotension angewandt werden, wenn keine Kontraindikationen vorhanden sind. Für eine suffiziente Gerinnungstherapie sind der Erhalt der Rahmenbedingungen, die Gabe von Tranexamsäure sowie die individuelle Transfusionstherapie mit Blutpräparaten und Faktorenkonzentraten bedeutsam. Innerhalb von 24 Stunden nach Blutungsstopp ist eine Thromboseprophylaxe zu erwägen. Eine suffiziente Dokumentation der transfundierten Gerinnungspräparate ist wichtig.
For most hospitals, massive transfusion is a rare, but occasionally appearing problem. The clinical definition is characterised by persistent transfusion requirements within a short time, haemodynamic instability and a problematic bleeding localisation. The treatment of bleeding is to stop the bleeding, aiming at a palpable radial pulse. Aetiologically, a coagulopathic (caused by a disturbance of the coagulation system) and a traumatic (caused by tissue injury) bleeding must be differentiated, while mixed forms are common. Standard laboratory parameters are used all over the word, while their effectiveness was never proven. Point of care diagnostics with viscoelastic tests and platelet functional analyses are quicker and more useful. A damage control resuscitation approach with permissive hypotension should be considered for every life-threatening bleeding. Essential are the preservation of preconditions, the application of tranexamic acid together with an individualised transfusion of blood products and coagulation factors. Within 24 h of stopping the bleeding, a thrombosis prophylaxis should be considered. An accurate documentation of transfused compounds is recommended.
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Neues aus der Rubrik „Was tun wir bei …?“
Bericht vom internationalen Expertentreffen der Weltgesundheitsorganisation zu „emerging infections“ und Blutsicherheit
Zusammenfassung
Mitte Juni 2017 trafen sich auf Einladung der Weltgesundheitsorganisation 28 Experten aus aller Welt für zwei Tage in Genf in der WHO-Zentrale, um einen Überblick über die Lage der (wieder) neu auftretenden Infektionskrankheiten (Englisch: (re-)emerging infectious diseases; kurz: EID) und deren Einfluss auf die weltweite Blutversorgung zu geben. Besonderer Wert wurde dabei auf diejenigen Voraussetzungen gelegt, die weltweit für die Risikoeinschätzung und das Risikomanagement beim Auftreten einer solchen globalen Bedrohung notwendig sind. Neben Berichten zu den einzelnen EID-Ausbrüchen der vergangenen Jahre sowie dem diagnostischen und therapeutischen Vorgehen auf den verschiedenen Kontinenten lag ein Schwerpunkt auf den aus den bisherigen EID-Ausbrüchen gemachten Erfahrungen und deren Nutzen für zukünftige Krisen. Es wurden mehrere unterschiedliche, Internet-basierte Unterstützungsprogramme vorgestellt, die im Vorfeld bzw. bei Auftreten eines EID-Ausbruchs nationale Entscheidungsträger bei der risikobasierten Entscheidungsfindung zum Schutz der Blutversorgung unterstützen können. Dazu diskutierten die versammelten Mikrobiologen, Virologen, Epidemiologen, Transfusionsmediziner, Biomathematiker und Statistiker mit Vertretern der nationalen und internationalen Aufsichtsbehörden.
The World Health Organisation (WHO) invited 28 technical experts from all over the world for a two-day global consultation at the WHO headquarters in Geneva from June 14 to June 15, 2017. The topic of this consultation was to give an assessment of the impact of newly or re-emerging infectious diseases (EID) on global blood supply. Influences and requirements for risk estimation and decision making support were the principal discussion topics here. After several reports of different EID outbreaks occurring within the recent years and discussion of the diagnostic and therapeutic approaches on all continents, the experts shared common experiences from these outbreaks and benefits for future occurrences. Several different computer and internetbased supportive programmes were presented assisting national responsible experts in their risk based decision making for blood safety. Microbiologists, virologists, epidemiologists, transfusion medicine specialists, biomathematicians and statisticians discussed these topics during the WHO global technical expert consultation with national and international regulators.
Indikationen zur Gabe von Blutprodukten in der Palliativmedizin (und in der Intensivmedizin)
Zusammenfassung
Obwohl bei der Hämotherapie in der Palliativmedizin auch eine „normale“, teils Leitlinien-gerechte Indikationsstellung möglich ist, werden Therapieentscheidungen häufig unter ethischen Gesichtspunkten bewertet. Da es für die Gabe von Blutprodukten keine durch große randomisierte Studien belegte Mindestgrenzwerte für die Indikation zur Transfusion gibt, gehen die meisten Empfehlungen in den Leitlinien auf Expertenmeinungen zurück, die auf jahrzehntelangen, wohlmeinenden Erfahrungen beruhen. Allein aufgrund von Erfahrungsberichten von Ärzten, die vorwiegend Patienten behandeln, die aus vorwiegend religiösen Gründen Bluttransfusionen ablehnen, lassen sich Rückschlüsse auf absolut lebensnotwendige Grenzwerte ziehen. Trotzdem sind die Kriterien für einen absoluten Verzicht auf die Gabe von Blutprodukten als eine der möglichen Therapiebegrenzungen nach wie vor sehr vage; ggf. auch ein Grund dafür, dass in der Palliativmedizin die Bluttransfusionen mit der Hämodialyse und Antibiotikagabe oft zu den ersten Therapiemaßnahmen gehören, die abgesetzt werden. Bei der Indikationsstellung müssen vor allem die palliativen Therapieziele definiert und berücksichtigt werden, wie z. B. die effektive Linderung von Sterbesymptomen nach dem HospizGedanken: „Menschen helfen, gut zu leben, bis zuletzt“. Dazu gehören auch die Grundgedanken bei der Indikationsstellung: Wohltun (Evidenz-basiert), Selbstbestimmung (Patienten-Autonomie), Schaden vermeiden (ggf. transfusionsbedingte Verschlechterung bei der Mortalität) und Gerechtigkeit (Knappheit der Blutprodukte). Bei einer guten Strukturierung dieser Überlegungen begrenzt man medizinische „futility“ ohne dem „therapeutischen Nihilismus“ zu erliegen (Oudenotherapie nach Bleuler). Dafür sind Ethik-Komitees an den Kliniken mit ihren ausgebildeten Ethikberatern eine wertvolle Hilfe, die jedoch nicht nur auf Anfrage bei einzelnen Fallberatungen tätig werden, sondern auch im Rahmen von Ethikvisiten schwierige Krankheitsverläufe interdisziplinär besprechen sollten. Der Sachverstand der Transfusionsmediziner wäre hier sicherlich für eine gerechte Zuteilung der Blutprodukte - letztendlich für alle Patienten - sehr hilfreich. Und das nicht nur auf der Palliativstation, sondern auch für die vielfältigen Transfusionen auf der kurativ konzipierten Intensivstation.
Despite the fact that even palliative medicine allows for a „normal“ indication for blood transfusion in accordance with official guidelines, therapy decisions are often made from an ethical viewpoint. Since the administration of blood products can only refer to a few big randomised studies on the lowest limit for a transfusion trigger, most of the recommendations in the actual guidelines go back to expert opinions based on decade long well-meant observations. The experience from medical doctors who treat patients who refuse a blood transfusion on religious grounds, allows us to draw conclusions on the absolute vital limits. The criteria for an absolute refusal of blood transfusion in a palliative situation are still very vague. In fact, this may also be one reason why in palliative medicine blood transfusions, haemodialysis and the administration of antibiotics are the first therapeutic measures that are stopped. The palliative therapeutic goals in the spirit of the hospice guiding principle: “Help people to live well to the end” have to be defined and considered before making a decision on the treatment. This includes wellbeing (evidence based), self-determination (patient autonomy), prevention of harm (a blood transfusion is not a means of pain therapy) and fair distribution (shortage in blood products). If all these considerations are well structured, the medical “futility” can be limited without submitting to “therapeutic nihilism” (OudenoTherapy acc. to Bleuler) Qualified ethical counsellors in hospitals are valuable assets, however they should not only advise on specific cases but also be included in interdisciplinary discussions in the scope of ethics visits in case of severe disease progression. The expertise of transfusion specialists would probably be helpful for all patients with regard to a fair distribution of blood products, not only on the palliative ward but also for the various transfusions that take place on the curatively structured intensive care unit.
Diagnostik von angeborenen und erworbenen Thrombozyten-Erkrankungen
Zusammenfassung
Eine Thrombozytendysfunktion kann sowohl durch einen hereditären Thrombozytendefekt als auch durch Begleiterkrankung oder Medikamente verursacht sein. Zu den Erbkrankheiten gehört beispielweise die verminderte Expression und Funktion der Membranrezeptoren. Erworbene Störungen der Thrombozytenfunktion sind häufiger und meist Folge von Krankheiten oder eingenommenen Medikamenten. Das klinische Bild von Patienten mit thrombozytären Erkrankungen kann sehr heterogen sein. Häufig treten multiple Petechien der Haut, typischerweise am deutlichsten im Bereich der Unterschenkel, verstreute kleine Ekchymosen nach Bagatelltraumen oder Schleimhautblutungen auf. In diesem Beitrag werden wir eine kurze Zusammenfassung über die aktuellen Labormethoden zur Thrombozytenfunktionstestung und Antikörperdiagnostik vorstellen, um die Wahl der bestmöglichen Testmethode für Patienten mit thrombozytären Erkrankungen zu optimieren.
Platelet dysfunctions can be caused by inherited platelet disorders as well as comorbidities or drugs. Platelet function testing is both complex and labor intensive. Evaluation of platelet count, review of peripheral blood cell morphology and bleeding assessment tools can aid the initial differential diagnosis. For patients requiring further laboratory testing, platelet aggregometry, secretion assays and immunofluorescence are the most useful next steps and will direct further specialized testing including flow cytometry, electron microscopy and genetic diagnostics. Standardization of platelet function analysis and antibody testing are very essential and can optimize diagnosis and assure quality results. In this article we will focus on current laboratory methods which can be used to identify the underlying defects in platelet disorder. Information provided in this article will allow applying the best possible diagnostic and therapeutic approach to patients with inherited as well as acquired platelet disorders.
Periinterventionelles Management direkter oraler Antikoagulanzien (DOAKs)
Zusammenfassung
Das periinterventionelle Management von Patienten mit oraler Antikoagulation bedarf einer umfassenden Abwägung potentieller Blutungs- und Thromboembolierisiken. Daran angelegt erfolgen Entscheidungen, ob und mit welchem zeitlichen Abstand zur Operation die Medikation abgesetzt oder mittels nichtoraler Antikoagulanzien überbrückt werden muss. Im Vergleich zu klassischen Gerinnungshemmern (z. B. Vitamin-K-Antagonisten) erweisen sich direkte orale Antikoagulanzien (= DOAKs) aufgrund ihrer direkten, faktorbezogenen (IIa, Xa) Wirkung und ihrer kurzen Halbwertszeiten in der Regel als besser steuerbar. In Abhängigkeit vom individuellen Risikoprofil des Patienten kann eine DOAK-basierte Antikoagulation häufig bis kurz vor den Eingriff (circa 1–3 Tage) fortgeführt werden. Eine Umstellung auf niedermolekulares oder unfraktioniertes Heparin ist meist nur bei hohem Thromboembolierisiko oder maximalem Blutungsrisiko erforderlich. Neben einer umfassenden Anamnese tragen spezielle Laborverfahren (z. B. Anti-Xa-Aktivität, verdünnte Thrombinzeit) zur Abschätzung des aktuellen Wirkspiegels bei und unterstützen die Entscheidungsfindung. Dabei muss die Nierenfunktion besondere Beachtung finden, da eine mögliche Insuffizienz die Clearance-Rate der DOAKs herabsetzt und ihre Wirkzeit so deutlich verlängern kann. In Notfallsituationen muss beachtet werden, dass aktuell in der klinischen Routine nur für Dabigatran (Faktor IIa-Inhibitor) ein spezifisches Antidot zur Verfügung steht, während eine Reversierung der Faktor Xa-Inhibitoren nur mit nicht-spezifischen Maßnahmen (z. B. PPSB, aPPSB) und damit weniger gezielt erfolgen kann.
Perioperative management of patients treated with oral anticoagulants requests balancing the risks of bleeding versus thromboembolism. Any decision on stopping anticoagulation preoperatively or bridging/ switching to a different type of anticoagulant (e.g. heparin) is based on the individual risk profile. As direct oral anticoagulants (= DOACs) directly inhibit the function of clotting factors (IIa, Xa) and exhibit a much shorter half-life, monitoring is easier compared to classical anticoagulants, such as vitamin-K-antagonists. Depending on the individual risk profile, it is possible and medically adequate to continue the DOAC-based anticoagulation until shortly before surgery (approx. 1–3 days). Switching/ bridging is only indicated in special circumstances, e.g. high risk of thromboembolisms or maximal risk of bleeding. Beside a comprehensive medical history, various coagulation tests such as anti-Xa-activity or diluted thrombin time can inform clinicians about the therapeutic drug effects. As renal insufficiency reduces the clearance rate of DOACs and thereby prolongs the anticoagulation effect, special attention needs to be directed to the renal function of the individual patient. In case of acute bleeding, an antidote to quickly reverse the anticoagulant activity is only available for dabigatran (factor IIa-inhibitor) .
Zur Anwender-Reklamation „Koagel in Erythrozytenkonzentraten“
Zusammenfassung
Aus den Untersuchungsergebnissen von reklamierten Erythroyztenkonzentraten mit Koageln ergeben sich wichtige Hinweise zur Transfusionstechnik. Wenn während einer Transfusion Patientenblut in das Transfusionsbesteck und ggf. bis in den Blutbeutel läuft, kann dieses zu einer massiven Koagelbildung führen. Deshalb muss vor dem Abhängen des Blutbeutels vom Infusionsständer für Patiententransporte und Untersuchungen stets die Rollenklemme verschlossen werden.
Results of laboratory analysis of red cell concentrates with clots provide important information on transfusion technology. If, during a transfusion, the patient's blood runs into the transfusion set and, possibly into the blood bag, this can lead to a massive formation of clots. Therefore, before the blood bag is taken off the infusion stand for patient transport and examinations, the roller clamp must always be closed.
Selbstinspektionen in der Hämotherapie
Zusammenfassung
Die Hämotherapie Richtlinien fordern die Funktionsfähigkeit des Qualitätssicherungssystems in der Hämotherapie durch regelmäßige Selbstinspektionen zu überprüfen. Dieser Soll-/Ist-Abgleich erfolgt jenseits der externen Begehungen und Audits durch den Qualitätsbeauftragten für die Hämotherapie. Wir stellen hier ein einfaches und in der Praxis erprobtes System vor, das es ermöglicht mit überschaubarem Aufwand wirkungsvolle nachhaltbare Selbstinspektionen durchzuführen.
Regularly performed self-inspections are an essential component within the quality management system in clinical hemotherapy beyond external audits. Here we describe a simple, effective and pragmatic approach for systematic and sustainable self-inspections in a clinical setting.
Die Suche nach einem Fremdspender im ZKRD
Zusammenfassung
Das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) ist hierzulande die Informationsdrehscheibe bei der Suche nach geeigneten nicht verwandten Blutstammzellspendern. Als Kompetenzzentrum für diesen hoch spezialisierten Bereich der medizinischen Versorgung organisiert und unterstützt das ZKRD den komplexen Prozess der Spendersuche im In- und Ausland, so dass dieser so schnell, transparent und wirtschaftlich wie möglich abläuft. Auch nach der Identifikation des passenden Spenders unterstützt das ZKRD heute die weiteren Abläufe bis hin zur Lieferung der lebensrettenden Zellen an das Transplantationszentrum. In den 25 Jahren seines Bestehens hat das ZKRD wesentlich zur Weiterentwicklung, Standardisierung und Automatisierung der Prozesse und zur Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit in diesem Bereich beigetragen und zählt seit langem zu den erfolgreichsten Registern weltweit.
The German National Bone Marrow Donor Registry (ZKRD) is the nation's informational hub with respect to the search for an unrelated blood stem cell donor. As a center of competence for this highly specialized field of medical care, the ZKRD organizes the search for donors at a national and international level in order to assure that this complex process operates as quickly, transparently and economically as possible. Even after a suitable donor has been identified, the ZKRD assists in coordinating subsequent processes, up to provision of the life-saving cells to the transplant center. Since being founded 25 years ago, the ZKRD has contributed significantly to the further development, standardization and automation of processes, as well as to improvements in international collaboration in this field, and for years has been among the most successful registries worldwide.
Therapeutische Hämapherese
Zusammenfassung
Bei der therapeutischen Hämapherese werden krankhafte Blutzellen oder Plasma aus der Zirkulation entzogen und ggf. durch gesunde Blutbestandteile ersetzt. Die therapeutische Hämapherese kann als Erstlinientherapie zur Behandlung lebensbedrohlicher Zustände alleine oder in Kombination mit einer medikamentösen Therapie eingesetzt werden. Amerikanische Empfehlungen mit Einteilung in Kategorien und Empfehlungsgraden haben sich für die Indikationsstellung zur therapeutischen Hämapherese bewährt. Die Kinetik der zu entfernenden Zellen bzw. Substanz muss bei der Planung der therapeutischen Hämapherese berücksichtigt werden. Neue Medikamentenentwicklungen sind beim künftigen Stellenwert der therapeutischen Lipidapherese zu berücksichtigen.
During therapeutic hemapheresis, pathologic blood components are removed from the circulation and replaced by healthy donor cells or plasma if necessary. Therapeutic hemapheresis is used as first line therapy alone or in combination with drug therapy. Guidelines of the American Society for Apheresis using categories and recommendations of therapeutic hemapheresis are widely used. The kinetics of the pathological substance which has to be removed must be taken into consideration when planning therapeutic hemapheresis. The development of new drugs has to be taken into consideration in future indication of lipid apheresis.
Leserfragen
Selbstinspektionsbogen
Inkompatibles Universal-Erythrozytenkonzentrat bei seltener Rhesus-Inkompatibilität zwischen Mutter und Kind
Zusammenfassung
Ein Neugeborenes wurde mit ausgeprägter Anämie stationär aufgenommen, nachdem es post partum bereits eine Transfusion mit „Baby-EK“ (0 Rh. neg., Rhesusformel ccddee) erhalten hatte. Die immunhämatologischen Untersuchungen zeigten Auffälligkeiten durch Mischfeldagglutinationen in der Blutgruppenbestimmung und ein positives Ergebnis im Antikörpersuchtest mit dem Nachweis der Alloantikörper Anti-c und Anti-E. Der direkte Coombstest hingegen war negativ. Nach Rücksprache mit der Klinik bestätigte sich der Verdacht eines Morbus haemolyticus neonatorum. Dieser war bereits anamnestisch aus Vorbefunden bekannt und wurde hervorgerufen durch die Immunisierung der Mutter gegen die kindlichen Rhesusmerkmale. Die resultierende Inkompatibilität mit einem klassischen Baby-EK wurde trotz Vorbefunden nicht beachtet, die erneute Gabe hätte die Hämolyse und die Anämie weiter verstärkt. Baby-EK dürfen deshalb nicht als universell verträglich angesehen werden, da sie in seltenen Fällen inkompatibel sein können.
A newborn with distinct anemia was hospitalised after transfusion (0 Rh negative, ccddee) in another hospital due to a post partum anemia. The relevant immuno-haematological analysis revealed abnormal agglutination in the blood grouping test and a positive result for indirect Coombs test on the newborn’s blood with subsequent specification of the alloantibodies anti-c and anti-E. However, direct Coombs test was negative. After consulting the clinic, the suspicion of a hemolytic disease of the newborn (HDN) was confirmed. It was already known due to previous findings and evoked via mother’s immunization against the infantile rhesus antigens. The resulting incompatibility with a classic baby blood bottle was not considered, and the recurrent transfusion would have intensified hemolysis and anemia. Blood bottles for newborns with rhesus constellation ccddee may therefore not be regarded as universal compatible, since there are uncommon constellations were they are rated highly incompatible.
Was tun, wenn die Strafverfolgungsbehörden vor der Türe stehen?
Zusammenfassung
Im Rahmen von Ermittlungsverfahren kann es auch in Einrichtungen der Krankenversorgung zu Anfragen, sowie zu unerwartetem und überraschendem „Besuch“ durch die Strafverfolgungsbehörden kommen. Im Extremfall bedeutet dies sogar Durchsuchung und Beschlagnahme. Kaum eine Arztpraxis oder Einrichtung der Krankenversorgung ist jedoch auf diesen Fall vorbereitet. Die Autoren geben hier Hinweise zum Verhalten in solchen Situationen.
It is feasible that in the context of preliminary proceedings, hospital institutions may be subject to unexpected enquiries or even a visit by a criminal prosecution authority. In extreme circumstances this may even involve a search warrant and confiscation. Doctors’ surgeries or hospital institutions are rarely prepared for this. The authors provide advice on how to deal with such situations.