Patient Blood Management: Ergebnisse der ersten internationalen Konsensus-Konferenz in Frankfurt 2018
Herstellung von Blutkomponenten aus Vollblutspenden aus der Perspektive großer Blutspendedienste
Zusammenfassung
In der modernen Medizin werden Bluttransfusionen nicht mehr direkt von Mensch zu Mensch durchgeführt. Heute sind wir in der Lage, den Patienten Blutkomponenten gezielt je nach Indikationsstellung zu transfundieren. Vollblutspenden freiwilliger Spender werden dazu in speziell ausgestatteten Blut-Manufakturen in ihre Bestandteile, Erythrozytenkonzentrate und Plasma, aufgetrennt. Zusätzlich werden aus den Restzellen, den sog. Buffy Coats, Pool-Thrombozytenkonzentrate aus jeweils mehreren Spenden hergestellt. Alle notwendigen Schritte werden in geschlossenen Kunststoffbeutelsystemen, die an keiner Stelle im Prozess eröffnet werden, abgebildet. Die Sterilität der resultierenden Blut-Medikamente ist damit gewährleistet. Dieser Artikel beschreibt die einzelnen Prozesse der Blutkomponentenherstellung aus der Perspektive der großen Blutspendedienste des Deutschen Roten Kreuzes und geht auf die zunehmende Einführung von automatisierten Arbeitsschritten und neue Entwicklungen ein.
Blood transfusion in modern medicine is no longer performed directly from human to human. Nowadays we are able to specifically apply blood components to patients according to given transfusion indications. For this purpose, whole blood donations from voluntary donors are separated into their components, red blood cell concentrates and plasma, in specially equipped bloodmanufactories. In addition, pooled platelets are produced from so called buffy coats comprising residual cells from several donors. All necessary steps take place in closed synthetic bag-systems, which are never opened at any point during the process. Consequently, sterility of the resulting blood-medications is guaranteed. This article depicts the manufacturing processes of blood components from the perspective of the large German Red Cross blood donation services and addresses the increasing implementation of automation and new developments in the field.
Einhundert Jahre Frauenmilchbanken – ein neues Betätigungsfeld für Blutspendedienste
Zusammenfassung
Seit April werden im DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg – Hessen im Institut Frankfurt Frauenmilchspenden zu pasteurisierten Frauenmilchportionen weiterverarbeitet. Auch wenn Frauenmilch rechtlich gesehen ein Lebensmittel ist, können zahlreiche Strategien aus der Transfusionsmedizin sinnvoll auch auf Frauenmilch angewandt werden. Mit der im Rahmen einer Kooperation mit der Neonatologie des Universitätsklinikums Frankfurt etablierten Frauenmilchbank trägt der Blutspendedienst dazu bei, eine wichtige Versorgungslücke für die allerkleinsten Patienten zu schließen und stellt erstmals ein Lebensmittel her.
Since April 2019, the German Red Cross Blood Donation Services Baden-Württemberg – Hessen produces pasteurized human breast milk from breast milk donations. Although human breast milk is subject to the German Food Act, some strategies derived from transfusion medicine were used to set up a human breast milk bank. Our cooperation between the Department of Neonatology, University Hospital Frankfurt/Main and the Blood Donation Service allows us close a health gap and to support preterm infants with urgently needed human breast milk.
Kaltlagerung von Thrombozyten: Aktuelle Herausforderungen und zukünftige Perspektiven
Zusammenfassung
Thrombozyten spielen die Schlüsselrolle in der primären Hämostase, daher ist die Thrombozyten(konzentrat)-Transfusion, besonders im Fall von schweren Blutungen, essentiell. Die ersten Versuche Thrombozyten zu lagern erfolgten bei +4 °C. Aufgrund der eingeschränkten Funktionalität wurde jedoch bald die Lagerung bei +22 °C favorisiert. In den letzten Jahren hat sich jedoch die Lagerung von Thrombozyten auf Grund der mehr und mehr eingesetzten Additivlösung als Lagermedium deutlich gewandelt. Durch die Lagerung in Additivlösung scheint die Lagerbarkeit bei +4 °C günstig beeinflusst. Thrombozyten zeigen deutlich weniger Lagerungsschäden und die Lagerungsdauer lässt sich deutlich verlängern, ohne das Risiko für ein bakterielles Keimwachstum zu erhöhen.
Platelets play the key role in primary hemostasis, the transfusion of platelet concentrates is therefore essential in case of bleeding. Initially platelet concentrates were stored at +4 °C. Because of better platelet function and viability, platelet concentrates stored at +22 °C were soon favored compared to platelet concentrates stored at +4 °C. In recent years it has become more and more common to store platelets in additive solution. Additive solutions seem to be suitable for storage of platelets at +4 °C with comparable platelet function and properties compared to storage at +22 °C. Platelets have less storage lesions and an extension of the storage time seems possible without increasing the risk of bacterial contamination.
Qualitätssicherung Hämotherapie in Hessen
Heparin-induzierte Thrombozytopenie: von der bakteriellen Abwehr zu einem neuen Mechanismus der Autoimmunität.
Zusammenfassung
Die Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT) ist eine unerwünschte Arzneimittelwirkung, bei der das endogene Chemokin Plättchenfaktor 4 (PF4) an Polyanionen bindet, dabei seine Konformation verändert und eine Immunreaktion auslöst. Die Immunreaktion gegen PF4/Polyanionen-Komplexe führt zu einem ganzen Spektrum von Antikörpern mit unterschiedlicher biologischer Relevanz. Die meisten Antikörper lassen sich in einem Enzym Immunoassay nachweisen, führen aber weder zur Thrombozytenaktivierung noch zu klinischen Problemen. Eine deutlich seltener auftretende Subgruppe dieser Antikörper aktiviert Thrombozyten und kann klinisch die vermehrte Produktion von Thrombin induzieren über eine Aktivierung von Thrombozyten, Monozyten und Endothelzellen. Noch viel seltener sind Anti-PF4/Polyanionen-Antikörper, die als Autoantikörper auftreten und ohne Zugabe von Heparin oder anderen Polyanionen schwere klinische Komplikationen auslösen können. Der vorliegende Beitrag fasst die immunologischen und biophysikalischen Experimente zusammen, mit denen die molekularen Mechanismen aufgeklärt wurden, wie es dazu kommen kann, dass ein endogenes (körpereigenes) Protein Antikörper induziert und welche Charakteristika diese Antikörper haben, wenn sie zu einer Autoimmunerkrankung führen. Es ist wahrscheinlich, dass ähnliche Mechanismen auch für Autoimmunreaktionen gegen andere Proteine des Körpers verantwortlich sind.
Heparin-induced thrombocytopenia (aHIT) is an adverse drug effect. The endogenous chemokine platelet factor 4 (PF4) binds to polyanions. Hereby PF4 is changing its confirmation and triggers an immune reaction. The immune reaction against PF4/polyanion complexes results in a large spectrum of antibodies with variable biological relevance. Most of these antibodies are reactive in enzyme immunoassays but do not cause platelet activation and no clinical complications. About 20 to 50 % of these antibodies activate platelets in vitro in the presence of heparin. In vivo, these antibodies together with heparin cause activation of platelets, monocytes and endothelial cells. This results in increased generation of thrombin and an increased risk for thrombotic complications. Much rarer are anti-PF4/polyanion antibodies, which react as autoantibodies and activate platelets and induce thrombotic complications without addition of heparin or other polyanions. They are causing autoimmune HIT. This review summarizes the immunological and biophysical experiments used to unravel the molecular mechanisms of autoimmune HIT. It shows how an endogenous (body’s own) protein can induce antibodies and describes the characteristics of these antibodies required for induction of an autoimmune disease. It is highly likely that similar mechanisms are also responsible for other antibody mediated autoimmune diseases.