Kapitel 1: Erythrozytenkonzentrate
Zusammenfassung
Nach nunmehr zwölf Jahren seit der letzten Gesamtnovelle der QuerschnittsLeitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten (QLL) liegt seit dem 21.8.2020 eine aktuelle Gesamtnovelle der QLL vor. Während die Datenlage aus großen, randomisierten und prospektiven Studien im Jahr 2008 noch sehr dünn war, hat sich hier in der letzten Dekade vor dem Hintergrund des Patient Blood Managements (PBM) eine Vielzahl von Studien angesammelt, die nun für eine Reihe von Indikationsstellungen belastbare Daten liefern. Dabei wurden die restriktiven Hämoglobin(Hb)-Transfusionstrigger interessanterweise nicht weiter abgesenkt, sondern liegen nun im Schnitt etwa 1 g/dl höher, zumeist bei 7 g/dl.
After 12 years since the last overall amendment of the cross-sectional guidelines for the therapy with blood components and plasma derivatives (CSG), a current overall innovation of the CSG is available since 21.8.2020. While data from large, randomized and prospective studies was scant in 2008, a large number of studies has accumulated in the last decade against the background of Patient Blood Management (PBM), which now provide reliable data for a number of indications. Interestingly, the restrictive hemoglobin (Hb) transfusion triggers were not lowered further, but are now on average about 1 g/dl higher, mostly at 7 g/dl.
Kapitel 2: Thrombozytenkonzentrate
Zusammenfassung
Bei der Anwendung von Thrombozytenkonzentraten wurden grundsätzliche Aspekte zur Transfusion und zur Bewertung der Empfehlungen ergänzt. Hier wurden insbesondere für Thrombozytenfunktionsstörungen verschiedene Ursachen ausgeführt und auf blutungsminimierende Maßnahmen hingewiesen. Sowohl bei der akuten Bildungsstörung, als auch bei periinterventionellen, operativen Eingriffen und Prozeduren wurde auf die Beeinflussung der Thrombozytenfunktion durch Medikamente detailliert hingewiesen. Insbesondere bei der Auswahl von Thrombozytenpräparaten ist anzumerken, dass bei Rhesusinkompatibilität ein Präparat, welches mit einer geringen Verunreinigung von Erythrozyten hergestellt wurde, jetzt ohne Rhesus-Prophylaxe verabreicht werden kann. Ein eigenes Kapitel zu Besonderheiten der Transfusion von Thrombozytenkonzentraten im Kindesalter wurde ergänzt.
In the version of the guidelines an update on the clinical use of platelet concentrates is given. In particular, various causes for alterations in platelet function were stated and measures to minimize bleeding are pointed out, with a special focus on the influence of drugs on platelet function. Recommendations are presented regarding periinterventional management of patients with reduced thrombopoiesis and patients with thrombocytopenia specially in the context of surgical interventions and procedures. A separate chapter on the peculiarities of the transfusion of platelet concentrates in childhood has been added.
Kapitel 3: Granulozytenkonzentrate
Zusammenfassung
Die Querschnitts-Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten wurden in einer Gesamtnovelle 2020 überarbeitet und aktualisiert. Dabei erfuhr auch das Kapitel „Granulozytenkonzentrate“ (GK) neben fast wortwörtlich unveränderten Abschnitten einige Anpassungen. Diese Anpassungen beziehen sich im Wesentlichen auf die Punkte „Herstellung“, „Indikation“, „Dosierung“ und „Art der Anwendung“. Hochmolekulare Hydroxyethylstärke (HES) war auch für die Herstellung von GK in Europa nicht mehr als verkehrsfähiges Arzneimittel erhältlich, nachdem Kontraindikationen wie z. B. schwerwiegende Nierenerkrankungen Zweifel an der Sicherheit des Präparates hatten aufkommen lassen. Diese Sicherheitsaspekte sind bei der Herstellung von GK für den Spender unwesentlich, bei Empfängern spielen sie höchstens in Ausnahmefällen eine Rolle. Die Verwendung von HES bei der Herstellung von GK ist entsprechend der Leitlinie nun wieder ausdrücklich erlaubt. Die Indikation zur Gabe von GK bei schwerwiegenden Infektionen immunsupprimierter Patienten wird anhand der aktuellen Studienlage kritisch diskutiert und liegt letztlich im ärztlichen Ermessen. Dabei wird von höheren Dosierungen ausgegangen, als dies bisher empfohlen war. Eine leukozytäre Verträglichkeitsprobe wird im Unterschied zu der bisherigen Version der Leitlinien nicht mehr als generell erforderlich angesehen.
The guidelines for therapy with blood components and plasma derivatives were revised and updated in an overall amendment 2020. Thereby, the chapter "Granulocyte concentrates" (GK) also underwent some adaptations besides almost word-for-word unchanged sections. These adjustments mainly relate to the points "Preparation", "Indication", "Dosage" and "Mode of use". High-molecular-weight hydroxyethyl starch (HES) was no longer available as a marketable drug in Europe also for the manufacture of GK after contraindications in patients such as serious kidney disease raised doubts about the safety of the preparation. These safety aspects are immaterial in the manufacture of GK for the donors. For recipients they play a role at most in exceptional cases only. The use of HES in the preparation of GK is now explicitly permitted again in accordance with the guideline. The indication for the administration of GK in severe infections of immunosuppressed patients is critically discussed on the basis of the current study situation and is ultimately at the discretion of the physician. Higher doses than previously recommended are assumed. In contrast to the previous version of the guidelines, a leukocytic tolerance test is no longer considered generally necessary.
Kapitel 4: Therapeutisches Plasma
Zusammenfassung
Das Kapitel 4 der Gesamtnovelle der Querschnitts-Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten entspricht inhaltlich im Wesentlichen dem Kapitel der Vorversion. Augenfällig ist, dass das Literaturverzeichnis bei einer moderaten Zunahme des Umfangs von ca. 20 % jedoch etwa hälftig durch neuere Literatur ersetzt worden ist. Insbesondere der Abschnitt zur DIC konnte durch die neue Studienlage neu geschrieben werden. Die Empfehlungen zeichnen sich durch eine prägnantere Formulierung aus. Besonders hervorzuheben ist, dass der Anwendungsbereich von Therapeutischem Plasma ausgedehnt werden konnte. Mit Spannung kann die flächendeckende Einführung und dann auch die Anwendung von PR-Plasma und die damit voraussichtlich einhergehende Verschiebung des Einsatzes der verschiedenen Plasmadarreichungsformen erwartet werden.
Chapter 4 of the overall rewritten amendment of the cross-sectional guidelines for therapy with blood components and plasma derivatives essentially corresponds to the same chapter of the previous version. Noticeably more than half of the bibliography was replaced with a moderate increase of the literature by about 20 %. Particularly the section on DIC was rewritten due to the presenting new study situation. The recommendations are characterized by a more concise wording. It is especially noteworthy that the scope of therapeutic plasma usage was expanded. The widespread introduction and application of PR plasma and the associated postponement of the use of various forms of plasma administration is anticipated with excitement.
Kapitel 6 & 7: Arzneimittel zur Therapie der angeborenen und der erworbenen Hämophilie und der von-Willebrand-Erkrankung / Prokoagulatorische und inhibitorische Faktorenkonzentrate
Zusammenfassung
Durch die Überarbeitung der Querschnitts-Leitlinien liegt jetzt mit den Kapiteln 6 und 7 wieder ein gut nutzbares, deutschsprachiges Kompendium zur Therapie mit Faktorenkonzentraten vor. Die neuen therapeutischen Möglichkeiten bei Patienten mit Hämophilie A und von-Willebrand-Syndrom sind genauso berücksichtigt wie der veränderte gerinnungsmedizinische Blick auf Patienten mit Lebersynthesestörungen. Begrüßenswert sind auch die zurückhaltenden Empfehlungen zur Gabe von Fibrinogen und Antithrombin auf der Basis einer schwachen Studienlage. Insgesamt liegt eine ausgewogene und lesenswerte Handlungsempfehlung vor.
With the 2020 revision of the cross-sectional guidelines, the new chapters 6 and 7 are now providing a valuable compendium for the use of factor concentrates in German language. New therapeutic options for patients with haemophilia A or and von-Willebrand syndrome were included, as was the current understanding of the haemostatic system in patients with an insufficient liver function. The authors are also consequential in giving rather weak recommendations on the use of fibrinogen or antithrombin because of the lack of clinical studies. Overall, they provide well-balanced guidance, which is worth reading.
Kapitel 10: Unerwünschte Wirkungen
Zusammenfassung
Im Kapitel „Unerwünschte Wirkungen“ wurde die Einzeldarstellung der unerwünschten Wirkungen neu strukturiert und stark erweitert. Definitionen der unerwünschten Wirkungen und evidenzbasierte Empfehlungen sind nun viel klarer herausgestellt. Die Gesamtzahl der Empfehlungen wurde mehr als verdreifacht. In dem Unterabschnitt zur Bestrahlung wurde die generelle Bestrahlungsindikation bei Non-Hodgkin-Lymphomen etwas eingeschränkt, dafür Therapie mit Antithymozytenglobulin oder Alentuzumab als neue Indikationen aufgenommen. Nach wie vor wird (abgesehen von Granulozytenpräparaten) keine Indikation für die Gabe CMV-getesteter Präparate gesehen, weder serologisch noch mittels PCR. Es wird davon ausgegangen, dass dies bei der heute obligatorischen Leukozytendepletion keinen zusätzlichen Vorteil bietet.
In chapter „adverse reactions“ the detailed description of the different adverse reactions was restructured and extended. The definitions and the evidence-based recommendations are pointed out much more clearly than before. The total number of recommendations was more than triplicated. In the subchapter on irradiation, the general indication for non-hodgkin-lymphomas was limited to specific situations, and therapy with antithymocyte globulin or altentuzumab was included as new indication. Besides granulocyte transfusion, no indication for the transfusion of CMV-tested units was seen (neither seronegative nor PCR-tested). It was assumed that considering the universal leukodepletion such units do not pose an additional advantage.
Feto-maternale Inkompatibilität: Bestimmung des fetalen RHD aus mütterlichem Plasma
Zusammenfassung
Die Bestimmung des fetalen RhD-Merkmals ermöglicht das frühzeitige Erkennen einer möglichen Inkompatibilität zwischen einer Schwangeren und dem ungeborenen Kind. Wurde in den letzten 30 Jahren allen RhD-negativen Frauen, unabhängig vom RhD-Merkmal des Kindes, eine Anti-D-Prophylaxe verabreicht, so bietet sich nun mit der Methode einer nicht-invasiven RhDBestimmung aus dem mütterlichen Plasma die Möglichkeit einer gezielten Anti-D-Prophylaxe. Basierend auf einer hohen Spezifität und Sensitivität (> 99 %) der nicht-invasiven RhD-Bestimmung wurde eine Empfehlung für diese Untersuchung in die aktuellen Mutterschaftsrichtlinien aufgenommen. Voraussetzung für den Einsatz in der Laborroutine ist eine ausreichende Validierung der gewählten Methode.
Determination of the fetal RHD genotype offers the opportunity to identify pregnancies at risk for the development of haemolytic disease of the newborn. In the last three decades all RhD-negative women in Germany were treated with anti-D-prophylaxis, independent whether the unborn child was RhD-positive or -negative. The non-invasive fetal RHD-genotyping offers the opportunity to treat only women with anti-D-prophylaxis when the fetus was typed as RhD-positive. Based on the high specificity and sensitivity (> 99 %) of non-invasive prenatal genotyping, the method is recommended to gynecologists as tool for the decision of anti-D-treatment.