Hämorrhagische Diathesen - Eine Übersicht
Zusammenfassung
Hämorrhagische Diathesen, angeborene (hereditäre) oder erworbene Gerinnungsstörungen mit erhöhter Blutungsneigung, sind definiert als das Auftreten von spontanen Blutungen oder Blutungen ohne adäquates vorangegangenes Trauma. Es können dabei auch verstärkte oder verlängerte Blutungen, beispielsweise perioperativ bzw. verstärkte oder verlängerte Menstruationsblutungen auftreten, wohingegen die normale Menstruationsblutung als spontane aber physiologische Blutung von der Definition einer hämorrhagischen Diathese ausgenommen ist. Die drei wichtigen Elemente des Hämostasesystems sind a.) die Thrombozyten, b.) das plasmatische Gerinnungs- und Fibrinolyse-System mit den dazugehörigen Inhibitoren und c.) die Gefäßwände. Eine physiologische Blutstillung bei Verletzungen der Gefäßintegrität, aber auch die Verhinderung einer überschiessenden Gerinnungsaktivierung, wird durch die fein austarierte Balance und das Zusammenspiel aller drei beteiligten Subsysteme gewährleistet. Im Rahmen einer erhöhten Blutungsneigung ist deshalb die Differenzierung in Störungen der Thrombozyten-Zahl (Thrombozytopenie) oder -Funktion (Thrombozytopathie), Störungen der plasmatischen Gerinnung (Koagulopathie) bzw. in Störungen des Gefäßsystems wichtig. Ebenfalls wichtig ist die Unterscheidung zwischen angeborenen und erworbenen Blutungsneigungen mittels Anamnese: Erstere treten häufig lebenslang mit zeitlich wechselndem klinischem Schweregrad auf, sind genetisch verankert und können oft auch mit Hilfe einer positiven Familienanamnese diagnostiziert werden. Bei den erworbenen Blutungsneigungen, welche primär oder sekundär im Rahmen von Grunderkrankungen auftreten, berichten die Patienten über eine vorherige normale Blutstillung. Mit der Behandlung der Grundkrankheit können diese erworbenen Hämostasestörungen wieder zurückgehen. Darüber hinaus ist hierbei die Familienanamnese regelhaft leer. Die strukturierte Anamnese hat eine herausragende Bedeutung für die Diagnostik der hämorrhagischen Diathesen. Im Rahmen der Anamnese ist bei solchen Blutungspatienten eine ausführliche Medikamentenanamnese von besonderer Bedeutung. Diese Übersicht kann nicht alle Aspekte einer hämorrhagischen Diathese eingehend beleuchten. Wir beschränken uns daher nach einer allgemeinen Einführung auf eine kurze Diskussion der Thrombozytopenien und -pathien, Koagulopathien sowie Vaskulopathien, erläutern im zweiten Teil dieser Übersicht im nächsten Heft dieser Zeitschrift am klinischen Beispiel der disseminierten intravasalen Gerinnung (DIC) und der erworbenen HemmkörperHämophilie die diagnostische und therapeutische Strategie im Umgang mit blutenden Patienten und wollen zum Schluss weiterführende Literatur und Kontakte zum Thema vermitteln.
Bleeding disorders, either hereditary or acquired, are defined as the occurrence of spontaneous bleeding or bleeding without adequate reason (trauma, surgery, etc.). Prolonged or intensive bleeding episodes can occur perioperatively or during heavier or prolonged menstrual bleedings, menorrhagia. However, normal physiological menstruation, although spontaneous, is not included in the definition above. Key elements of the haemostatic system are a.) platelets, b.) the plasmatic coagulation and fibrinolytic system including their inhibitors and c.) the vascular system. Physiological haemostasis in case of vascular injury as well as inhibition of an overwhelming activation of the coagulation system is only possible by a dynamic balance and a close cooperation of all the key elements mentioned above. In patients with bleeding disorders, it is therefore essential to distinguish between low platelet count (thrombocytopenia), functional platelet defects (thrombocytopathy), disorders of the plasmatic coagulation and fibrinolytic system (coagulopathy) or diseases affecting blood vessels (vasculopathy). The medical history including family history helps to differentiate between hereditary and acquired bleeding disorders. The former disorders are genetically based, may occur lifelong with variable symptoms and are often associated with a positive family history. Acquired bleeding disorders can occur in healthy subjects, but mainly occur in patients with severe underlying diseases, who did not bleed inappropriately before. Typically, the family history in such cases is negative and the bleeding disorder often vanishes with successful treatment of the underlying disease. The patient´s history is vital in the diagnostic algorithm of bleeding disorders. The patient´s drug history is a key element in the history. This overview cannot present all aspects of bleeding disorders. After an introduction, we limit this overview to a short discussion of disorders associated with thrombocytopenia, impaired platelet function, coagulopathy or vasculopathy. In the second part of this overview, which will be published in the next issue of this journal, we discuss a possible diagnostic and therapeutic approach for bleeding patients using the clinical examples of disseminated intravascular coagulation (DIC) and acquired hemophilia with inhibitors. Finally, this overview will include suggestions for futher reading and potential contacts to scientifi c groups in this fi eld.
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