Vakzin-induzierte thrombotische Thrombozytopenie – eine fehlgeleitete Immunreaktion
Zusammenfassung
Die Vakzin-induzierte thrombotische Thrombozytopenie (VITT) ist eine seltene Nebenwirkung nach der Gabe des vektorbasierten Impfstoffes Vaxzevria® von AstraZeneca oder des vektorbasierten COVID-19-Impfstoffes Janssen® von Johnson & Johnson8,13,19,27. Das typische Krankheitsbild zeigt sich fünf bis 30 Tage nach Impfung mit einer neu aufgetretenen Thrombozytopenie, thrombembolischem Ereignis und dem Nachweis von Antikörpern gegen Plättchenfaktor 4 (PF4). Die meisten thrombotischen Ereignisse traten in den cerebralen Venen in Form einer Sinusthrombose auf15. Aber auch tiefe Beinvenenthrombosen oder Lungenembolien können die Folge der VITT sein. Laborchemisch zeigen sich Antikörper, die sich gegen den PF4 aus den Thrombozyten richten. Diese Antikörper sind ähnlich zu den Antikörpern, die sich bei der Heparin-induzierten Thrombozytopenie (HIT) entwickeln. Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass die VITT-Antikörper sich ausschließlich gegen PF4 richten, wogegen bei HIT-Antikörpern das Antigen ein Komplex aus Heparin / PF4 ist11,20. Dieser Unterschied macht die VITT-Antikörper für einzelne Testverfahren unzugänglich und eine besondere Sorgfalt in der Diagnostik ist hier wichtig17. Die PF4-Antikörper aktivieren Thrombozyten über ihren Fc-Teil über den FcγIIA-Rezeptor und überführen die Thrombozyten in einen prokoagulanten Zustand, mit dem sie im Körper einen stark prothrombogenen Zustand auslösen. Neben der VITT und der HIT ist dieser antikörpervermittelte prothrombogene Zustand auch bei schwerer COVID-19 beschrieben1,2,12,29.
Vaccine-induced thrombotic thrombocytopenia (VITT) is a rare adverse event following administration of AstraZeneca's Vaxzevria® vector-based vaccine or Johnson & Johnson's Janssen® vector-based COVID-19-vaccine8,13,19,27. The typical clinical picture presents five to 30 days after vaccination with new onset thrombocytopenia, thromboembolic event, and detection of antibodies to platelet factor 4 (PF4). Most thrombotic events occurred in cerebral veins in the form of sinus thrombosis15. However, deep vein thrombosis or pulmonary embolism may also result from VITT. Laboratory chemistry reveals antibodies directed against PF4 from platelets. These antibodies are similar to the antibodies that develop in heparin-induced thrombocytopenia (HIT). The key difference, however, is that VITT antibodies are directed exclusively against PF4, whereas in HIT antibodies the antigen is a complex of heparin / PF411,20. This difference makes the VITT antibodies inaccessible for single test procedures and special care in diagnostics is important here17. The PF4 antibodies activate platelets through their Fc part via the FcγIIA receptor and transfer the platelets into a procoagulant state with which they induce a strong prothrombogenic state in the body. In addition to VITT and HIT, this antibody-mediated prothrombogenic state has also been described in severe COVID-191,2,12,29.
Akute hämolytische Transfusionsreaktionen außerhalb des AB0-Systems und verzögerte Transfusionen – unerwünschte Ereignisse, die möglichst vermieden werden sollten
Zusammenfassung
Im vergangenen Jahrzehnt spielte sich in der klinischen Medizin eine gravierende Veränderung ab: Der Verbrauch von Erythrozytenkonzentraten (EK) entwickelte sich in einer vorher völlig unerwarteten Größenordnung rückläufig, obwohl noch 2010 ein deutlicher Verbrauchsanstieg prognostiziert wurde1. Ausweislich der veröffentlichten Zahlen des Paul-Ehrlich-Instituts nahm der EK-Verbrauch von 2010 bis 2020 in Deutschland um 26,8 % ab2. Ursächlich dürften demographische Effekte einerseits und Veränderungen bei der Indikationsstellung andererseits zusammenwirken3,4. Insbesondere in der intraund perioperativen Patientenversorgung und in der Intensivmedizin erfolgt die Erythrozytentransfusion zunehmend restriktiver5-8.
In the past decade, a serious change took place in clinical medicine: The consumption of erythrocyte concentrates (ECs) declined in a previously completely unexpected order of magnitude, although a significant increase in consumption was still predicted in 20101. According to figures published by the Paul-Ehrlich-Institut, EC consumption in Germany decreased by 26.8 % from 2010 to 20202. Demographic effects on the one hand and changes in the indication on the other hand are likely to be the cause3,4. Especially in intraoperative and perioperative patient care and in intensive care, red blood cell transfusion is becoming increasingly restrictive5-8.
Gesetz über die Berufe der medizinischen Technologie - Das MT-Berufe-Gesetz und die dazugehörige Verordnung (MTAPrV) sind seit dem 01. Januar 2023 in Kraft
Zusammenfassung
Seit dem 01. Januar 2023 sind das neue Gesetz über die Berufe der medizinischen Technologie (MT-Berufe-Gesetz) und die dazugehörige Verordnung (MTAPrV) in Kraft getreten und ersetzen zukünftig die Berufe der Medizinischen technischen Assistenz. Mit dem neuen MT-Berufe-Gesetz sind zahlreiche Veränderungen eingetreten, was für alle Beteiligten ein verändertes Denken erfordert sowie auch die Herausforderung zu einem veränderten Berufsverständnis stellt. Die veränderten Ausbildungen der MT-Berufe werden sich von einer rein schulischen Ausbildungsform mit geringen praktischen Anteilen zu einer nahezu dualen Form entwickeln und lassen die Ausbildungsstätten mit der „Beruflichen Praxis“ stärker zusammenwachsen. Mit dem neuen Gesetz werden die Veränderungen in Medizin und Technik mit aufgenommen und in Kompetenzen der Ausbildungen umstrukturiert. MTBerufe der medizinischen Diagnostik und Therapie nehmen mit den jeweiligen vorbehaltenen Tätigkeiten eine zentrale technische Schlüsselfunktion ein, um die qualitativ hochwertige Versorgung von Patienten/-innen auch in Zukunft gewährleisten zu können.
Since January 1, 2023, the new Medical Technology Professions Act (MTBerufe-Gesetz) and the associated ordinance (MTAPrV) have come into force and will replace the professions of medical technical assistance in the future. The new MT Professions Act has brought about numerous changes, which requires a change in thinking on the part of all those involved, as well as posing the challenge of a changed understanding of the profession. The changed training of the MT professions will develop from a purely school-based form of training with low practical components to an almost dual form and will allow the training centers to grow closer together with the "professional practice". With the new law, the changes in medicine and technology will be incorporated and restructured into competencies of the training programs. MT professions in medical diagnostics and therapy, with their respective reserved activities, assume a central technical key function in order to be able to guarantee the high-quality care of patients in the future.
Die EU Medical Device Regulation – Welche Auswirkungen hat die neue Medizinprodukteverordnung auf unsere Arbeit?
Zusammenfassung
Oft wirken EU-Verordnungen uninteressant und weit weg. Gelegentlich haben sie aber auch unmittelbare und unvermutete Auswirkungen auf unsere Arbeit und hier möchten wir Ihnen nahebringen, was sich hinter dieser EU Medical Device Regulation (MDR) verbirgt und weshalb sie unmittelbare Auswirkungen auf die Verfügbarkeit unserer Arbeitsmittel (Medizinprodukte) haben kann und vermutlich auch haben wird. Aus der Sicht des Leiters eines Blutspendedienstes trifft das z. B. alle Blutbeutelsysteme.
Often EU regulations seem uninteresting and far away. Occasionally, however, they have a direct and unexpected impact on our work and here we would like to explain to you what is hidden behind this EU Medical Device Regulation (MDR) and why it can and probably will have a direct impact on the availability of our work equipment (medical devices). From the point of view of the manager of a blood donation service, this affects all blood bag systems, for example.
Massivtransfusion – ein Update
Zusammenfassung
Eine Massivtransfusion bleibt ein seltenes Ereignis. Starke und lebensbedrohliche Blutungen treten in unterschiedlicher Häufigkeit aber immer wieder auf. Eine retrospektive Analyse des Registers des „American College of Surgeons Trauma Quality Improvement Program (TQIP)“ ergab, dass zwischen 2013 und 2017 99.042 erwachsene Patienten mindestens ein Erythrozytenkonzentrat (EK) innerhalb von vier Stunden nach Aufnahme im Krankenhaus erhielten; von diesen benötigten 19.518 (19,7 %) mindestens 10 EK pro 24 Stunden78. Der vorliegende Artikel stellt den aktuellen Stand dieser Fragestellung dar und soll ein Update des Artikels sein, der in hämotherapie 29/2017 veröffentlicht wurde59.
A massive transfusion remains a rare event. However, severe and life-threatening bleeding occurs with varying frequency. A retrospective analysis of the American College of Surgeons Trauma Quality Improvement Program (TQIP) registry found that between 2013 and 2017, 99,042 adult patients received at least one red blood cell (RBC) concentrate within four hours of hospital admission; of these, 19,518 (19.7 %) required at least 10 RBCs per 24 hours78. This article presents the current status of this issue and is intended to be an update of the article published in hemotherapy 29/201759.